Zwischenbericht Nummer 2
Über die Monate Dezember, Januar und Februar.
Geschrieben am 17.02.2018
Nun ist schon ein halbes Jahr vergangen, seitdem ich in Malawi angekommen bin. In dieser Zeit hat sich vieles verändert und ich mich auch. Die Zeit vergeht viel zu schnell und mit dem Gedanken daran, dass ich jetzt "nur noch" ein halbes Jahr hier in Madisi, im Projekt verbringen kann, macht mich auf der einen Seite wirklich sehr traurig. Auf der anderen Seite bin ich aber auch total glücklich die Möglichkeit zu haben eine solche Erfahrung machen zu können.
Auch mit den Kollegen von der Arbeit mache ich inzwischen mehr zusammen. Sie sind für mich zu wirklichen Freunden geworden. Lisa-Marie und ich haben uns somit zum Beispiel mit der Lehrerin von unserer Schule getroffen um gemeinsam zu kochen. Außerdem waren wir inzwischen auch schon bei anderen Freunden zuhause eingeladen und egal wo wir waren, wir wurden immer herzlich willkommen geheißen und haben einen sehr schönen Tag gemeinsam verbracht.
Persönliche Eindrücke / Erfahrungen:
Ich & meine Entwicklung:
Geschrieben am 17.02.2018
Nun ist schon ein halbes Jahr vergangen, seitdem ich in Malawi angekommen bin. In dieser Zeit hat sich vieles verändert und ich mich auch. Die Zeit vergeht viel zu schnell und mit dem Gedanken daran, dass ich jetzt "nur noch" ein halbes Jahr hier in Madisi, im Projekt verbringen kann, macht mich auf der einen Seite wirklich sehr traurig. Auf der anderen Seite bin ich aber auch total glücklich die Möglichkeit zu haben eine solche Erfahrung machen zu können.
Kommunikation /
Verständigung:
Inzwischen verstehe ich schon
etwas mehr Chichewa. Smalltalk ist möglich, sobald die Unterhaltung darüber
hinaus geht verstehe ich die Fragen meist, antworte aber fast immer auf Englisch
weil mir die Worte auf Chichewa nicht einfallen. Einmal wöchentlich bekommen
wir von einem Arbeitskollegen Chichewa Unterricht.
Freizeit und Kontaktgestaltung:
Bei dem Aspekt der
Freizeit und Kontaktgestaltung hat sich seit dem letzten Zwischenbericht
einiges geändert. Vor drei Monaten habe ich noch geschrieben, dass ich meine
Freizeit hauptsächlich gemeinsam mit meinen Mitfreiwilligen im Haus verbringen
würde. Das ist, möchte ich jetzt behaupten, eher zur Seltenheit geworden. Nach
wie vor bin ich ein Mitglied eines Chores. Zu den Chorproben gehe ich in
letzter Zeit nur noch einmal in der Woche. Vor Auftritten natürlich häufiger,
teilweise dann sogar täglich. Ansonsten haben meine eine Mitfreiwillige und ich
viel Freude in morgendlichen Spaziergängen gefunden. Das heißt, dass wir uns
dreimal in der Woche den Wecker auf 5.00h stellen, um noch vor der Arbeit eine
große Runde spazieren zu gehen. Die Umgebung eignet sich hier wirklich sehr
dazu und außerdem ist der Sonnenaufgang immer unbeschreiblich schön. Während
dieses Spazierganges treffen wir auch häufig neue Menschen die uns freundlich
begrüßen und uns fragen wo wir denn so früh schon hin wollen. Die meisten
fangen laut an zu lachen wenn wir ihnen auf Chichewa sagen, dass wir
"einfach nur so" spazieren gehen. Das finden die meisten Menschen
hier komisch, da sie eigentlich immer nur mit einem bestimmten Ziel irgendwo
entlang laufen.
Der Sonnenaufgang zwischen den Tabakfeldern |
Abgesehen von unseren
morgendlichen Spaziergängen verbringen wir auch den Nachmittag eher außerhalb
unseres Hauses. Auch da laufen wir gerne einfach irgendwo umher, um nach der
Arbeit den Kopf frei zu bekommen und um uns ein bisschen zu bewegen. Manchmal
kaufen wir dann auf dem Markt "Alibi-mäßig" eine Zwiebel, damit wir
den Leuten, die uns fragen wo wir schon wieder hin gehen, sagen können dass wir
auf dem Weg zum Markt sind um eine Zwiebel zu kaufen. Unterwegs treffen wir
eigentlich immer irgendjemanden von unseren Freunden oder Schülern. Mit denen
ziehen wir dann gemeinsam in der Gegend rum. Diese Spaziergänge sind immer
total witzig und machen wirklich sehr Spaß.
Auch mit den Kollegen von der Arbeit mache ich inzwischen mehr zusammen. Sie sind für mich zu wirklichen Freunden geworden. Lisa-Marie und ich haben uns somit zum Beispiel mit der Lehrerin von unserer Schule getroffen um gemeinsam zu kochen. Außerdem waren wir inzwischen auch schon bei anderen Freunden zuhause eingeladen und egal wo wir waren, wir wurden immer herzlich willkommen geheißen und haben einen sehr schönen Tag gemeinsam verbracht.
An manchen Wochenenden gehen wir
auch einfach nur zum Fußballplatz. Wer mich kennt weiß, dass sich mein
Interesse für Fußball stark in Grenzen hält, aber ich nutze das immer um in
Kontakt mit Menschen zu kommen oder um andere zu treffen, da die Fußballspiele
meist sehr gut besucht sind. Es ist auf jeden Fall ein sehr schönes Gefühl hier
wirklich Anschluss gefunden zu haben, mit dem man auch mal einfach so etwas
unternehmen kann.
Nach wie vor mache ich hier die
Erfahrung, dass fast alle denken, das ich als "Weiße" automatisch
reich bin. Das ich des Öfteren nach Geld oder irgendwelchen anderen Dingen
gefragt werde, hatte ich ja schon einmal vor drei Monaten erwähnt. Das nervt
mich wirklich etwas, aber ich kann dieses Verhalten natürlich gewissermaßen
auch nachvollziehen.
Als Weiße wird man häufig
angesprochen. Einige Mädchen von der Secondary School haben mir einmal gesagt,
dass sie alles dafür tun würden auch so weiße Haut zu haben wie ich. Ich habe
dann erzählt, dass ich es wirklich verrückt finde, dass hier in Malawi manche
Menschen eine Aufhellungscreme verwenden um etwas hellere Haut zu bekommen und
das man im Sommer in Deutschland viele Menschen sieht, die in der Sonne liegen
um dunklere Haut zu bekommen. Danach haben die Mädels richtig angefangen zu
lachen, weil sie es nicht nachvollziehen konnten, dass wir gerne einen etwas
dunkleren Haut-Teint hätten.
Außerdem erzählen mir ca. 80% der
Menschen die ich hier treffe, dass sie sich wünschen würden einmal nach
Deutschland zu kommen. Ich glaube sie stellen sich das Leben in Deutschland als
ein Leben im Paradies vor. Einige erzählen mir dann, dass sie einen Film
gesehen haben der aus Amerika oder Europa war und das es in diesem Film so
schön aussah. Ich denke sie haben einfach ein total verschöntes Bild von der
"westlichen Welt". Ich wurde auch schon einmal gefragt, ob man in
Deutschen Supermärkten überhaupt bezahlen müsse oder ob ich mir immer einfach das nehmen kann was ich
möchte. Da war ich erst total perplex und habe erklärt, dass ich natürlich
meinen Einkauf bezahlen muss. Der Mann der mich das gefragt hat, war total
verwundert und meinte er hätte immer gedacht, dass wir uns einfach alles nehmen
könnten was wir benötigen.
Manche sagen, dass sie eines
Tages nach Deutschland kommen werden, dass es ihr Ziel sei. Andere hingegen
sagen, sie seien in Malawi geboren und müssen in Malawi sterben ohne jemals ein
anderes Land sehen zu können. Solche Aussagen bringen mich immer stark zum
Nachdenken. Ende Dezember bin ich im Internet auf einen Zeitungsartikel der
"Welt" gestoßen, in dem unter anderem davon berichtet wurde, dass die
Wahrscheinlichkeit nach dem Mauerfall in Deutschland geboren zu sein geringer
ist, als mit einem Los beim Lotto fünf Richtige zu treffen. Das hat mir wieder
einmal gezeigt, was für ein Privileg es eigentlich ist in Deutschland geboren
zu sein. Ich habe also das Glück, dass mir (fast) alle Türen offen stehen.
Wofür ich dem deutschen Staat immer mehr dankbar bin, ist die Schulpflicht.
Dass jeder in Deutschland die Möglichkeit hat Bildung zu erlangen, egal aus
welcher gesellschaftlichen Schicht er auch kommen mag. Aus diesem Grund finde
ich es hier immer schön zu sehen, wie
die Schwestern sich bemühen, durch Spendengelder, den Waisen Schülerinnen und
Schülern eine Bildung zu ermöglichen. Denn der Tod eines Elternteils wirft die
Familien hier meist in große Existenzprobleme. In den letzten drei Monaten habe
ich mit einigen jungen Männern gesprochen, die mir alle im Grunde ähnliche
Geschichten erzählt haben. Einer von ihnen ist mit uns drei Freiwilligen im
Minibus gefahren und wir haben uns über unsere Tätigkeit als Freiwillige hier
in Malawi unterhalten. Auf einmal hat er gesagt, dass er uns sehr bewundern
würde, dass wir zwischen 18 und 21 Jahre alt sind und uns bemühen würden Gutes
in Malawi zu tun und Menschen zu helfen. Währenddessen er selbst 24 Jahre alt
ist und mit der Secondary-School pausieren musste, da seine Familie nicht in
der Lage war Schulgeld für alle Kinder aufzubringen. Er arbeitet jetzt um genug
Geld zusammen zu bekommen um die Secondary-School abzuschließen. In solchen
Momenten führe ich mir immer vor Augen wie dankbar ich doch sein kann, dass man
in Deutschland kein Schulgeld bezahlen muss und das einem nicht solche Hürden
im Weg stehen auf dem Weg zum "Eigenständig sein" und "Erwachsen
werden".
Aber nun zum Thema Glauben. Ich
bin nach wie vor sehr angetan von der Art und Weise wie die Menschen hier
Gottesdienst feiern. Das Wort "feiern" trifft es in meinen Augen
nämlich wirklich sehr gut. Jeden Sonntag singt ein Chor und die Gemeinde tanzt
an manchen Stellen des Gottesdienstes und singt mit. Die Freude die dadurch
vermittelt wird ist wirklich etwas ganz besonderes.
Als letzten Aspekt zu
dem Thema Persönliche Eindrücke/Erfahrungen möchte ich gerne von der Silvester
feier erzählen. Denn dieses Jahr war das schönste Silvester was ich je erlebt
habe! Es war ein Silvester OHNE Feuerwerk aber mit viel "Getanze" und
schönen Gesprächen. Meine Mitfreiwilligen waren über Silvester verreist, aus
diesem Grund war ich "alleine" in Madisi. Von Arbeitskollegen wurde
ich zu einer Silvesterparty eingeladen. Es war eine wirklich schöne Feier. Vor
allen Dingen ist mir aufgefallen wie häufig wir drei Freiwilligen uns bei
solchen Veranstaltungen zusammen tun und unbewusst und ungewollt etwas
abkapseln. Nun war es ganz anders, ich habe viel mit befreundeten Lehrern
gemacht und mich richtig "dazugehörig" gefühlt. Es kam mir so vor,
als wäre ich auch eine von ihnen und das hat die Feier für mich zu etwas ganz
besonderem gemacht.
Nun sind leider schon
sechs Monate vorüber in Malawi. Ich habe dieses Land jetzt schon lieben
gelernt. Dadurch, dass ich mich hier so wohl fühle und ich so viel Spaß an
meiner Tätigkeit an der Schule habe, hatte ich noch keinerlei Probleme mit
Heimweh oder ähnlichem.
Meine fünfte Klasse in ihrem Klassenraum |
Einige Schüler aus meiner Handarbeitsgruppe präsentieren ihre selbst genähten Schultaschen |
Eher im Gegenteil: Ich
bin so glücklich hier zu sein und genieße meine Zeit. Nach wie vor habe ich
noch nie die Entscheidung bereut hier in Madisi ein Jahr als Missionarin auf
Zeit zu verbringen. Die Menschen haben auf mich so eine Wirkung, die mich
glücklich macht. Alleine durch die bunte Kleidung der Menschen hier projizieren
sie in großem Maße Lebensfreunde auf mich. Die Gastfreundschaft der Menschen
fand ich vom ersten Tag an sehr auffallend und auch noch heute fasziniert sie
mich immer wieder. Ich habe noch keinen einzigen Menschen hier in Malawi
erlebt, der mich nicht freundlich empfangen hat. Ich versuche das immer im
Gedächtnis zu behalten und auch hoffentlich mit nach Deutschland zu nehmen.
Denn es fühlt sich so schön an als "Fremder" in einem Land so
herzlich willkommen geheißen zu werden. Die Menschen strahlen einen an wenn sie
einen sehen und auch das finde ich so schön und wichtig. Ein Lächeln kostet
nichts und tut auch nicht weh, also wieso lächeln wir in Deutschland anderen
(fremden) Menschen so selten zu? Ich habe mir fest vorgenommen mich in
Deutschland daran zurück zu erinnern wie sehr es mich gefreut hat, dass mir die
Menschen hier zeigen, dass sie sich freuen, dass ich hier bin. Hoffentlich
gelingt es mir diese Art der Freude in Deutschland weiter zu geben.
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